Angenommen, A und B haben einen Vertrag geschlossen. A schuldet dem B hieraus bestimmte Zahlungen. Im Gegenzug hat B sich u.a. verpflichtet, den A von seinen Verpflichtungen gegen den C freizustellen. Dies bedeutet, A könnte im Falle einer Inanspruchnahme durch C verlangen, dass B den C befriedigt.
Der A zahlt jedoch nun schon seit geraumer Zeit nicht. B passt das gar nicht und er fragt sich, ob er sich zumindest des gegen ihn gerichteten Freistellungsanspruchs entledigen kann.
Zunächst einmal geht dies nicht. § 387 BGB verlangt die Gleichartigkeit der zur Aufrechnung gestellten Leistungen. Ein Freistellungsanspruch ist aber nicht gleichartig mit einem Zahlungsanspruch, sodass B nicht aufrechnen kann.
C seinerseits war es allerdings zu unsicher geworden, sich darauf zu verlassen, dass A, der bekanntermaßen unzuverlässig ist, den Freistellungsanspruch gegen B durchsetzt. Er hat sich diesen Anspruch daher von A abtreten lassen. Dies ist, obwohl es um eine persönliche Freistellung eines Dritten geht, ausnahmsweise dann möglich, wenn die Abtretung an den freizustellenden Dritten selbst erfolgt (vgl. etwa BGH, Urteil vom 28.02.1989 – Az.: XI ZR 91/88). Dieser wandelt sich dann in einen Zahlungsanspruch um.
Nun hat B Lunte gerochen. Denn nun stehen sich zwei Zahlungsansprüche gegenüber. Allerdings sind diese nicht mehr gegenseitig, wie es § 387 BGB zudem verlangt.
Nach zutreffender Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) kann B aufrechnen (vgl. BGH, Urteil vom 22. 1. 1954 – Az.: I ZR 34/53). Dies ist über § 406 BGB (bzw. § 407 BGB unter den dortigen Voraussetzungen) möglich. Diese Vorschrift normiert bekanntermaßen eine Ausnahme vom Erfordernis der Gegenseitigkeit. Hiergegen könnte sprechen, dass sich niemals gleichzeitig gleichartige und gegenseitige Forderungen gegenübergestanden haben, wie es § 387 BGB eigentlich verlangt. § 406 BGB normiert jedoch keine zusätzlichen Voraussetzungen als die Gleichartigkeit im Zeitpunkt der Aufrechnung (ausgenommen die zeitlichen Voraussetzungen). Auch gebieten es die Interessen von A und C nicht unbedingt, die Aufrechnung für unzulässig zu halten. Denn C hätte sich die Forderung abtreten lassen können, bevor der Zahlungsanspruch des B fällig geworden ist, sowie diesen darüber informieren können. Hier folgt das BGB abermals dem Prioritätsprinzip: Wer vor einer oder in Unkenntnis der Abtretung der gegen ihn gerichteten Forderung eine eigene fällige Forderung erwirbt, soll darauf vertrauen können, dass er im Zweifelsfall aufrechnen kann. Anderenfalls könnten zahlungsunfähiger Zedent und Zessionar den Dritten unbillig schädigen, indem sie eine Abtretung vornehmen.